Giovanni – Klick – Schuhe

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“Der Dschovanni”, sagt sie, “der Dschovanni ist ein Schatz. Der hat mich gleich wieder erkannt.”

Giovanni, Wirt der Osteria Tre Fontane in der süditalienischen Ferienkolonie Tropea (..man spricht deutsch..), kennt sich aus mit Touristen. Jeder Gast ist ein Stammgast. Die zwei deutschen Damen nehmen den letzten freien Tisch in Beschlag. Tütenbeladen brauchen sie nach dem abendlichen Einkaufbummel eine Stärkung.

Die Dame mit der fülligeren Figur zeigt einen gezügelten Appetit. “Ach”, sagt sie, “ich nehm was Leichtes. Was ist denn frutta?”

Ihre Ferienbegleiterin, etwas jünger und sprachgewandter, erklärt: “Das ist Obst.”

Die Damen bestellen bei Giovanni frutta und einen primo – etwas pasta – für die jüngere Reisende. Dazu eine Karaffe Weisswein und eine Flasche Mineralwasser, con gaz. “Wenn wir nur nicht einen Schwipps davon kriegen.”

Die Dicklichere nippt am vino bianco und holt aus ihrer Tasche einen Fotoapparat hervor. “Eine schöne Erinnerung an einen schönen Moment.” Das Bild aufnehmen soll das australische Pärchen, beide Mitte 50, das einen Tisch weiter intensiv ins Grappaglas blickt. Vergeblich.

Die beiden Damen rücken die Frisur zurecht und setzen sich in Positur. “Pusch sä böttön – bis es blitzt”, sagt die Sprachgewandtere der beiden. Klick. Das Gastronomie-Erlebnisbild ist auf Zelluloid gebannt.

“Digitalkameras sind einfach praktisch, man sieht gleich, ob das Bild etwas geworden ist”, sagt die Dicklichere und seufzt nach einem Augenblick enttäuscht auf. “Viel zu hell, alles. Und von der linken Seite bin ich überhaupt nicht fotogen. – Lass es uns nochmals versuchen, von der anderen Seite ist es besser.”

Zu Hilfe kommt ein deutsches Pärchen, das in der Nähe sitzt. Der Herr hilft gerne. Man kennt sich auch schon, logiert im selben Hotel. Er nimmt den Fotoapparat, die Damen setzen sich erneut zurecht. “Sie müssen solange drücken, bis es blitzt”. Doch es passiert erst mal nichts, auch wenn der Herr sehr intensiv drückt. Nach einigem Hin und Her und eingehender Beratschlagung wird klar: der Fotoapparat ist nicht eingeschaltet.

“Keine Sorge, das kriegen wir schon hin.” Er nimmt den Fotoapparat erneut, die Damen blicken strahlend Richtung Kamera – und es passiert wieder nichts. Obwohl sich der Herr sichtlich Mühe gibt. Mit zunehmender Irritation stellt die Dicklichere fest: “Der Akku ist leer. Dann nehme ich für mein Fotoalbum die Rechnung mit.”

Der freundliche Herr pflichtet bei, bezahlt bei Giovanni und verlässt mit seiner Begleiterin das Lokal, eine adrett geleidete Dame in den besten Jahren, mit hochhackigen Stiefeletten.

“Also diese Schuhe, einfach geschmacklos”, meint die fülligere Dame und löffelt ihre frutta.”

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